Impuls zur Fastenzeit

Hausbesitzer haben in der Regel ganz schön was zu tun. Um den Wert eines Hauses zu erhalten, braucht es große Aufmerksamkeit und viel Einsatz. Instandhaltung kostet etwas: Nicht nur Geld, sondern auch Mühe und Verzicht, Wachheit und Tatkraft. Auf die lange Bank schieben, wegschauen und laufen lassen, das wäre kurzsichtig und perspektivisch fatal. Irgendwann kommt alles ans Licht. Dabei geht es doch bei solchen Arbeiten letztlich eigentlich um das, was in diesem Haus geschieht, was die inhaltliche Bestimmung des Gebäudes ist; das soll bewahrt und gefördert werden: Zuhause-Sein, Geborgenheit, Begegnung, Heilung, Versöhnung, Schutz, Freude, Trost, Hilfe, Vergebung, Frieden, Erfüllung und ähnliches. Ausbesserungsarbeiten sind also keine Nebensache.
So ähnlich ist das auch mit unserem Lebenshaus und auch mit dem Haus unserer Erde. Auch da stehen solche Ausbesserungsarbeiten beständig an. Die Fastenzeit will als eine Zeit verstanden werden, in der es ganz besonders um Ausbesserungsarbeiten geht, um das Fundament und das Wesentliche unseres Lebens, um die Rückkehr an die Quelle unseres Lebens in Jesus Christus.
Doch – sind wir durch die Ereignisse der vergangenen Tage nicht schon längst in die Fastenzeit versetzt? In diesem Jahr brauchen wir wohl kaum eine „Starthilfe“, um in die Fastenzeit hineinzufinden. Die furchtbare Kriegssituation in der Ukraine öffnet uns wie von selbst die Augen dafür, was wirklich zählt und Bestand hat in unserem Leben, was wesentlich ist. Der Blick in das eigene Herz mit seinen dunklen Seiten und mit allem, was der Reinigung und Klärung bedarf, bekommt eine unausweichliche Dringlichkeit und Verpflichtung; und auch die Beziehung zum Nächsten erfährt doch durch die bedrohliche Kriegssituation in Europa wie von selbst ein Korrektiv. Plötzlich wird möglich zu unterscheiden, was wirklich zählt im Leben und was besser ab sofort gelassen werden sollte.
„Habt Mut: Ich habe die Welt besiegt“ (Joh 16,33). Diese Zusage des Auferstandenen gilt auch heute und ist uns besonders hier und jetzt zugesprochen. Der Herr ist da und wirkt Heil, auch da, wo wir es weder sehen noch ahnen können.
Wo sich der Mensch zum Guten entscheidet, wo Frieden geschlossen wird, wo selbstlose Hilfe gegeben, Trost geschenkt und Beistand geleistet wird, da bricht das Licht des Auferstandenen schon durch.
Mit allen Schwestern wünsche ich eine gesegnete Fastenzeit.
Äbtissin Sophia Schwede OSB

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