Impuls zum 15.8.

Am 15.8., dem Fest der „Aufnahme Marias in den Himmel“ trafen wir uns wieder mit zahlreichen Freunden unserer Gemeinschaft zu einem Online-Treffen über Zoom. Einige der Gedanken aus dem Impuls von Sr. Lucia können Sie hier nachlesen:
„Was uns von Gott her blüht …“ – so möchte ich unser gemeinsames Nachdenken einmal überschreiben. Diese Formulierung stammt aus einem Zeitungsartikel vom 15. August 1987 meines ehemaligen Heimatpfarrers.
„Was uns von Gott her blüht“ – ein Wortspiel, das mich immer wieder fasziniert …
Und ich merke, wie dieses Wortspiel mir auch einen Weg eröffnet zum Verständnis dessen, was wir heute feiern und was das mit uns, heute, im August 2021, zu tun haben kann.
Aber jetzt erst einmal langsam, Schritt für Schritt:
Am 15.8. begehen wir das Fest der „Aufnahme Mariens in den Himmel“; bekannter ist es wohl unter dem volkstümlichen und etwas missverständlichen Namen „Mariä Himmelfahrt“. Wenn wir in den Kalender schauen, dann könnte man meinen, es sei ein Fest, dass nur die katholische Kirche feiert. Dabei geht es um eine Glaubensüberzeugung, die im Tiefsten gut biblisch begründet ist und daher ganz selbstverständlich in ökumenischer Verbundenheit begangen werden kann.
Bei uns hier in Herstelle gehört der 15. August zu den Hochfesten, an denen unser Stundengebet mit seiner Liturgie in einer ganz besonders festlichen Weise begangen wird.
Viele der Antiphonen des heutigen Festes – also der Rahmenverse zu den Psalmen – feiern die Schönheit Marias; immer wieder sprechen sie davon.
Ein besonders eindrückliches Beispiel ist die Magnificat-Antiphon der 1. Vesper, in der es heißt:
„Du weise Jungfrau, wohin schreitest du, leuchtend wie die Morgenröte? Tochter Zions, wohlgestaltet und lieblich bist du, schön wie der Mond, herrlich wie die Sonne“.
Hier wird Maria mit den Gestirnen verglichen, mit Sonne und Mond. Häufig finden wir in Liedern oder auf Gemälden auch Blumen oder Pflanzen, mit denen Maria symbolisiert wird; die Rose und die Lilie sind da am Bekanntesten.
Mit diesem Vergleich Marias mit Blumen und Kräutern entstand wohl auch die Tradition, sie als Fürsprecherin zur Heilung von Leib und Seele anzurufen. Daher gibt es auch den Brauch, an diesem Tag Kräuter und Blumen zu segnen. Wir haben dies heute früh in der Eucharistiefeier getan. Im Segensgebet hieß es da:
„Ewiger Gott, du hast deine Schöpfung reich und schön gemacht und in Christus uns Menschen berufen zu deiner Herrlichkeit. Segne diese Kräuter und Blumen. Sie sind Zeichen deiner Freundlichkeit und verheißen Gesundheit und Heilung. Lass uns deine guten Gaben stets so bewahren und nutzen, dass wir uns hier gemeinsam an deiner Güte freuen und beim ewigen Fest im Himmel mit Maria dich loben und preisen: durch Christus unseren Bruder und Herrn. Amen.“
So drückt dieses Segensgebet auch sehr schön aus, was uns „von Gott her blüht“.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht? Als ich diesen Impuls vorbereitet habe – da kamen mir aber auch immer wieder ganz andere Bilder in den Sinn – Flut, Überschwemmungen, Brände, innere und äußere Verwüstungen infolge der Pandemie …
Muss ich das jetzt ausblenden? Hat das, was uns so beängstigend vor Augen steht, an diesem Tag auch seinen Platz? All das, was uns vielleicht einmal blüht?
Um nicht missverstanden zu werden – von Gott her blühen uns diese Katastrophen sicher nicht … – dass er das Heil für die Welt und uns Menschen will, steht unverrückbar fest!
Aber dennoch schauen wir mit banger Sorge in diese, unsere Welt und fragen: „Was blüht uns da wohl alles noch?“
Und hier stoße ich auf eine Antiphon, die zuerst einmal sehr befremdlich klingt – zumindest in ihrem 2. Teil:
„Wer ist diese, die heraufsteigt wie die aufgehende Morgenröte, schön wie der Mond, herrlich wie die Sonne; furchtbar wie ein geordnetes Kriegsheer?“ (Benedictus-Antiphon der Laudes)
Was für ein Bild von Maria wird hier gezeichnet? Schön und furchtbar… Da kann man wirklich fragen: Wer ist diese? Was ist das für eine Frau?
Vielleicht wird hier deutlich, dass die Schönheit der Maria nichts zu tun hat mit einer gewissen Weichheit oder Süßlichkeit. Nein, Maria war stark und ist ihren Weg voller Entschiedenheit gegangen. Und dieser Weg hat sie letztlich bis unter das Kreuz ihres Sohnes geführt.
Und hier – bei Kreuz und Auferstehung – sind wir beim tiefsten Gehalt dieses Festes angelangt.
Wir glauben und vertrauen, dass der österliche Sieg Jesu Christi über den Tod mindestens bei dieser einen Frau schon an sein Ziel gekommen ist; bei dieser Frau, die in ihrem Leben ganz Auge und Ohr und Herz war für den Willen Gottes. Wir feiern mitten im Sommer ein Fest der Auferstehung und Hoffnung. Bei mindestens diesem einen Menschen dürfen wir mit Gewissheit glauben, dass er aufgenommen ist in die ewige Vollendung; in das, was uns von Gott her „blüht“.
Wir feiern, dass Maria mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen wurde. Gott hat den Menschen mit Leib und Seele erschaffen und er will den ganzen Menschen ewig haben. So kündet dieses Fest auch davon, dass die ganze Schöpfung zur Erlösung und Vollendung bestimmt ist.
Papst Franziskus fügt diese verschiedenen Aspekte wunderbar zusammen, wenn er in seiner Enzyklika „Laudato si“ (Nr. 241) schreibt:
Maria, die Mutter, die für Jesus sorgte, sorgt jetzt mit mütterlicher Liebe und mit Schmerz für diese verletzte Welt. Wie sie mit durchbohrtem Herzen den Tod Jesu beweinte, so fühlt sie jetzt Mitleid mit den Armen an ihren Kreuzen und mit den durch menschliche Macht zugrunde gerichteten Geschöpfen. Sie lebt mit Jesus in völliger Verklärung, und alle Geschöpfe besingen ihre Schönheit. In den Himmel erhoben, ist sie Mutter der ganzen Schöpfung. In ihrem verherrlichten Leib, vereint mit dem auferstandenen Christus, hat ein Teil der Schöpfung die ganze Fülle ihrer Schönheit erreicht. Sie schaut in ihrem Herzen nicht nur auf das ganze Leben Jesu, das sie dort sorgsam bewahrte, sondern versteht jetzt auch den Sinn von allem. Darum können wir sie bitten, dass sie uns hilft, diese Welt mit weiseren Augen zu betrachten.“
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